Eine Handreichung zur diversitätsbewussten Pädagogik

2.2 Gesetzeslage in der EU

Die rechtliche Grundlage für eine diskriminierungsfreie EU ist gegeben. Die europäische Menschenrechtskonvention enthält in Art. 14 ein Diskriminierungsverbot:

“Der Genuß der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.” (Europäische Menschenrechtskonvention, 2010, S.13)

Alle Staaten der EU haben diese Konvention ratifiziert und sie ist bindend.

Auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthält diesen Antidiskriminierungsartikel (Kapitel 3, Artikel 21). Die Charta ist nicht Teil des EU-Verfassungsvertrages, wurde aber im Zuge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon 2009 für alle Staaten mit Ausnahme von Großbritannien und Polen für bindend erklärt.

Regierungen, Parlamente und Gerichte in jedem Staat sind vorrangig für die Wahrung der in der Menschenrechtskonvention festgelegten Rechte verantwortlich.

Zusätzlich haben viele Länder ein sogenanntes Antidiskriminierungsgesetz oder Gleichbehandlungsgesetz, wie z.B. Deutschland

„Allgemeines Grundgesetz Artikel 3: Gleichheit vor dem Gesetz Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

§ 1: Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“

In vielen Ländern der EU werden in Gleichbehandlungsgesetzen auch lokale Minderheiten, wie Sinti*zze und Rom*nja (z.B. in Bulgarien und Rumänien) und auch die Burgenlandkroat*innen (in Österreich) besonders hervorgehoben.

Nicht rechtlich bindend, aber als übergeordnete Leitlinien eingesetzt, sind folgende von der UN implementierten Dokumente: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen (Sustainable Development Goals, zu dt. Nachhaltige Entwicklungsziele, kurz SDGs). Beide Dokumente formulieren klar die Gleichbehandlung aller Menschen und das gute Leben für alle.

Insbesondere im Rahmen der nachhaltigen Entwicklungsziele werden in den 17 Zielen mit den 169 dazugehörigen Unterzielen eine Vielzahl von Punkten erwähnt, zu deren Erreichung eine diversitätsbewusste Bildung grundlegend ist. Unter anderem sind das:

Ziel 1.2: Bis 2030 den Anteil der Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, die in Armut in all ihren Dimensionen nach der jeweiligen nationalen Definition leben, mindestens um die Hälfte senken.

Ziel 2.1 Bis 2030 den Hunger beenden und sicherstellen, dass alle Menschen, insbesondere die Armen und Menschen in prekären Situationen, einschließlich Kleinkindern, ganzjährig Zugang zu sicheren, nährstoffreichen und ausreichenden Nahrungsmitteln haben.

Ziel 3.8 Die allgemeine Gesundheitsversorgung, einschließlich der Absicherung gegen finanzielle Risiken, den Zugang zu hochwertigen grundlegenden Gesundheitsdiensten und den Zugang zu sicheren, wirksamen, hochwertigen und bezahlbaren unentbehrlichen Arzneimitteln und Impfstoffen für alle.

Ziel 4.7 Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung.

Ziel 5.1 Alle Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen überall auf der Welt beenden.

Ziel 8.5 Bis 2030 produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle Frauen und Männer, einschließlich junger Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit erreichen.

Ziel 10.2 Bis 2030 alle Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht, Behinderung, Hautfarbe, Ethnizität, Herkunft, Religion oder wirtschaftlichem oder sonstigem Status zu Selbstbestimmung befähigen und ihre soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion fördern.

Ziel 16.b Nichtdiskriminierende Rechtsvorschriften und Politiken zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung fördern und durchsetzen.

(Quelle: Bundeskanzleramt Österreich, 2019)

Die UN bildet mit zentralen Dokumenten und Maßnahmen ebenfalls einen förderlichen Rahmen, in dem solche Maßnahmen gut eingebettet sind. Aber: um ein gänzliches Diskriminierungsverbot zu realisieren, braucht es gesellschaftspolitische Änderungen. Für jedes Individuum müssen gleiche Rechte und Freiheiten gewährleistet sein (vgl. Scherr 2016, S.10).

Um Diskriminierungen zu überwinden sind gesetzliche Verankerung des Diskriminierungsverbots (im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und anderen ähnlichen Antidiskriminierungsgesetzgebungen in den EU-Ländern), das Einrichten von Antidiskriminierungs- und Beschwerdestellen, Aufklärungskampagnen und Empowerment, sowie auch Ansätze der diversitätsbewussten Pädagogik in der außerschulischen und schulischen Bildung wichtige Schritte (vgl. Scherr 2016, S.10). Wie wollen uns nun dem Thema kulturelle, ethnische und religiöse Vielfalt über den Themenbereich Migration annähern.