Eine Handreichung zur diversitätsbewussten Pädagogik

4.3.1 Gender Paygap

Innerhalb der Gleichstellungsarbeit der Europäischen Union ist der Abbau der geschlechtsspezifischen Verdienstgefälle, der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit, eine der wichtigsten Prioritäten. Im Durchschnitt war der Stundenlohn für Männer im Jahr 2016 16,2% höher als für Frauen. Unterschiede innerhalb der EU-Mitgliedstaaten lassen sich feststellen. So hatte Rumänien einen Unterschied von 6,0% im Jahr 2016, Österreich und Deutschland über 20,0% Unterschied im Stundenlohn (vgl. Europäische Union, 2018).

Trotz der Bemühungen um eine Angleichung der Bruttomonatsverdienste ist die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern deutlich größer geworden. Gründe für diesen Unterschied lassen sich in den Hierarchiestufen, Tätigkeiten und Branchen finden. Untersuchungen zeigen, dass Männer und Frauen ihre Berufswahl nach Branchen differenzieren. Die EU-Kommission hat festgestellt, dass in den Berufen, die meist von Frauen gewählt werden, eine unterdurchschnittliche Bezahlung vorliegt. Dies ist nicht in einer geringeren Produktivität oder Effizienz begründet, sondern liegt meist an subjektiven Assoziationseffekten, in denen die frauendominierten Berufe unterbewertet werden. Die Berufswahl ist meist von gesellschaftlichen Stereotypen geprägt. Seit 2000 ist der Anteil der weiblichen Studierenden in den sogenannten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik bei rund 30%. Der Anteil von erwerbstätigen Frauen in Niedriglohnberufen wie Reinigungskräfte, Verkäuferinnen oder im Gesundheitsbereich liegt meist bei über 70%. Gerade Frauen beachten die Familienplanung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf meist stärker als Männer und wählen so häufiger Berufe aus, die eine höhere Vereinbarkeit mitbringen (vgl. Zinke, 2014).

Die spätere Berufswahl und der Ausbau von Kompetenzen beginnen schon in der Grundschulzeit. Die Studie „Equally prepared for life?“ der OECD aus dem Jahr 2009 hat festgestellt, das Mädchen und Jungen wenig Geschlechterunterschiede im Bereich der Wissenschaften und Mathematik im Grundschulalter aufweisen, Mädchen aber einen Vorteil beim Lesen aufweisen. In den folgenden Schuljahren baut sich dieser Vorteil der Mädchen weiter aus. Die Jungen zeigen nun einen Vorteil in der Mathematik, die Mädchen gaben in der Studie Versagensängste als Grund für das fehlende Interesse an. Daraus lässt sich schließen, dass ein Abbau der Ängste den Mädchen zu Gute kommen und das Interesse an Mathematik fördern könnte. Lehrer*innen sollten nach der OECD diese Befunde in den Unterricht einbauen und ihre eigenen Einstellungen und Erwartungen an die Schüler*innen reflektieren. Die Jungen brauchen nach den Ergebnissen, die hier dargestellt sind, mehr Förderung beim Lesen, die Mädchen in der Mathematik. Allerdings können Erfolge nicht nur von den Lehrer*innen alleine erzielt werden, die Familie und das soziale Umfeld der Kinder sind im Sozialisationsprozess eingebunden und sollten die gezielten Förderungen mit unterstützen (vgl. OECD, 2009).