Insel Albatros

In dieser Simulationsübung beobachten und bewerten Teilnehmer*innen das Verhalten von Frau und Mann einer fiktiven Kultur.

Referenz

Theodore Gochenour (1993): Beyond Expierience. Yarmouth/USA: Interculturell Press 1993.

Anzahl der benötigten Anleiter*innen
2 (ein Mann + eine Frau)
Benötigte Arbeitsmaterialien
2 Tücher, 1 Schale mit Erdnüssen
Zu erwartende Kosten
evtl. ein paar Euro für die Erdnüsse
Gruppengröße ab 14 Jahren (12-25 Personen)
Dauer 60 Minuten
Ziel Die Teilnehmer*innen werden für Kulturen mit ihnen unbekanntem Regelwerk sensibilisiert. Sie erkennen wie schwierig es ist Situationen nur zu beschreiben ohne sie gleich zu interpretieren. Sinn ist es, dass die Teilnehmer*innen die Erfahrung machen, nicht aus der eigenen Sozialisation auf andere Kulturkreise zu schließen. Sie üben sich in interkultureller Kompetenz und lernen, sich immer wieder zu fragen: Was sehe ich?
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Vorbereitung

Im Raum ist ein Sesselkreis aufgebaut, auf dem die Teilnehmer*innen sitzen, in der Mitte steht ein leerer Sessel und daneben wird eine Schale mit Erdnüssen gestellt. Die Spielleiter*innen, sofern es eine weibliche und eine männliche Person ist, übernehmen das Simulationsspiel. Gibt es nur eine Leitungsperson, kann eine Person aus dem Teilnehmer*innenfeld instruiert werden.

Ablauf

  • Schritt 1 Die Spielleiter*innen erklären, dass man jetzt eine Reise zur Insel Albatros mache, die Teilnehmer*innen sollen sich Notizen zum Gesehenen machen. Dann verlassen sie den Raum…
  • Schritt 2 … und kehren kurze Zeit später schweigend zurück. Sie tragen Tücher um den Körper gebunden und machen ein freundliches Gesicht. Der Mann geht vor der Frau, die Frau folgt ihm mit deutlichem Abstand. Sie laufen einige Runden um die Teilnehmer*innen. Dabei summen sie leise vor sich hin. Dann gehen sie einige Runden im Innenkreis. Der Mann geht auf die männlichen Teilnehmer zu, die die Beine übereinander geschlagen haben, und stellt ihre Beine sanft aber bestimmt auf den Boden. Die Frau macht das gleiche bei den Frauen. Der Mann setzt sich auf einen Stuhl, die Frau kniet sich auf den Boden neben ihn und hebt die Schale mit Erdnüssen auf. Der Mann nimmt die Schale und isst ein paar Erdnüsse. Dann gibt er die Schale der Frau zurück, die nun auch Nüsse isst. Die Frau stellt die Erdnüsse anschließend zur Seite. Nach dem Essen legt der Mann ihr eine Hand in den Nacken. Daraufhin beugt sich die Frau nach vorne und berührt mit der Stirn den Boden. So verweilt sie einen Augenblick. Dies wiederholt sie drei Mal. Dann lächeln sie sich an, nicken einander zu und erheben sich. Summend ziehen sie wieder durch den Kreis. Wieder stellen sie die übereinandergeschlagenen Beine der Teilnehmer*innen auf den Boden – der Mann bei den Männern, die Frau bei Frauen. Die beiden verlassen den Raum. Das Spiel ist beendet.
  • Schritt 3 Die Teilnehmer*innen werden gebeten, zu beschreiben, was sie gesehen haben. Erst wenn alles Gesehene geschildert wurde, darf interpretiert werden. Die Teilnehmer*innen sollen die Frage beantworten, ob sie gerne auf Albatros leben würden und warum bzw. warum nicht.
  • Schritt 4 Abschließend klären die Spielleiter*innen dann alle anderen über die Kultur auf Albatros auf: Wenn die Menschen auf Albatros zufrieden sind, summen sie. Sie glauben an die Göttin der Erde, es handelt sich um eine matriarchalische Kultur. Als besondere Ehrerweisung, dürfen die Besucher*innen beide Füße auf den Boden stellen und damit in Kontakt kommen mit der göttlichen Erde. Erdnüsse erfreuen sich als heilige Früchte und rituelles Gericht auf Albatros besonderer Beliebtheit. Frauen haben einen besonderen Kontakt zur Göttin, weil sie wie die Erde Leben hervorbringen. Um sie vor Gefahren zu schützen, muss der Mann immer vor der Frau hergehen und auch ihr Essen vorkosten. Die Frauen haben das Recht auf der Erde zu sitzen, weil sie dann der Erdgöttin näher stehen. Männer können nur über die Frauen Kontakt zur Mutter Erde aufnehmen. Mit Einverständnis der Frau dürfen sie ihre Hand in ihren Nacken legen. Die Frau berührt dann mit ihrer Stirn die Erde und kann so einen Kontakt zwischen der Erdgöttin und dem Mann herstellen. Auf Albatros dürfen Männer Frauen nur nach Aufforderung der Frauen berühren.

Nachbereitung

Danach diskutieren die Teilnehmer*innen, welche Annahmen und Einschätzungen zu der Fehlinterpretation geführt haben und woher diese kommen. Für die Auswertung sollte man viel Zeit einplanen, um eine wirkungsvolle Konfrontation zwischen Wahrnehmung und Interpretation zu erreichen. Aber: Die Auswertung sollte nicht dahin gehen, dass man Diskriminierung und Unterdrückung als kulturell gegeben hinnehmen muss. Ziel sollte sein, zwischen Wahrnehmung und Interpretation unterscheiden zu lernen.